Low-Budget: Ein schwieriger Drahtseilakt

Interview mit Jessica Rudolph, die bei Filmplus 2019 mit dem Tentacle Sync Förderpreis Schnitt für die Montage des Kurzfilms Peng! ausgezeichnet wurde.

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Es gibt ja Komödien mit sehr unterschiedlichen Tonalitäten, verschiedene Spielarten von Komik. Bei „Peng!“, der ja durchaus politische Aussagen transportiert, soll einem das Lachen im Halse stecken bleiben. War das ein Thema im Schneideraum, wie genau diese Form von Humor transportiert werden kann?

Jessica Rudolph: Es war durchaus ein großes Thema. Zum Beispiel haben wir sehr viel darüber gesprochen, wie wir die beiden Tode erzählen wollen. Über den ersten Tod gehen wir bewusst recht schnell hinweg und setzen direkt danach mit Slapstick an, so dass man diesen Tod nicht als tragisch empfinden kann. Der zweite – der Notwehrschuss – sollte schon eindeutig im Halse stecken bleiben. Hier haben wir uns mehr Zeit genommen die Reaktion von Said, Henrike und auch später Jens recht lange auszukosten, sie bei Jens ja sogar ins Schwarz hinein mit seinem Atmen zu verlängern.

Der Film spielt bewusst mit filmischen Slapstick-Klischees, einem Toaster als „ticking clock“ z.B. Wie haben diese Referenzen, die Tatsache, dass man quasi einen „alten Witz neu erzählt“ den Schnitt beeinflusst?

Jessica Rudolph: Um zu zeigen, dass wir uns dieser Referenzen bewusst sind, mussten genau diese Momente dann auch besonders ausgekostet werden. Speziell das „auslösen“ des Toasters hatte ich ursprünglich mal als Trenner zwischen Teil 1 und 2 vorgesehen. Das eigentliche Bild hierfür hatten sie aber leider nicht gedreht. Ich persönlich fand gar nicht, dass der Toaster dringend den Schuss auslösen müsste. Jan war aber eben die Referenz von Toaster als „ticking clock“ sehr wichtig. Wir fanden dann, dass wir komplett auf dem Toaster bleiben und nicht zwischendrin zurück zum Gerangel gehen sollten. Bei dieser Konstellation ist ja klar, was passiert. Die muss man also nicht mehr sehen. Wir haben aber einige Varianten ausprobiert, bis wir dann zu der Version zurückgekehrt sind, die sich nun im finalen Schnitt befindet.

Über welchen Zeitraum ging der Montageprozess und wie lief die Zusammenarbeit mit dem Regisseur ab?

Jessica Rudolph: Da es sich hier um ein No-Budget-Projekt handelt, das Regie und Produzentin aus eigener Tasche finanziert hatten, war dies für mich ein eindeutiges Feierabendprojekt. Das heißt, ich habe über einen Monat an den Wochenenden jeweils eine halbe oder volle Schicht allein daran gearbeitet. Meine erste Fassung haben Regisseur Jan Maroske und Produzentin Vera Maria Jung dann als Streamer bekommen um eine Diskussionsgrundlage zu bilden. Da Jan in London lebt und arbeitet, hatten wir letztlich nur ein Wochenende, um gemeinsam zu schneiden. Wir haben Samstag ca. 8 Stunden und Sonntag nochmal 2 Stunden zu zweit daran gearbeitet. Vera kam dann für die letzten 2 Stunden hinzu. Eigentlich hätten wir noch einen halben Tag zur Verfügung gehabt, waren aber eben schon sonntagmittags mit der Montage so zufrieden, dass wir entschlossen haben, fertig zu sein.

Bisher hast Du umfangreiche Erfahrung im Bereich Schnittassistenz, nun folgt mit dem „Tentacle Sync Förderpreis Schnitt“ gleich eine wichtige Auszeichnung für eine eigene Montagearbeit. Wo sollen Dich Deine nächsten Karriereentscheidungen hinführen?

Jessica Rudolph: Ich würde mich sehr freuen in den kommenden zwei Jahren auch mehr in den Schnitt zu können und insgesamt weniger zu assistieren. Gerade habe ich die Arbeit an einem Langfilm begonnen, ein Improfilm-Projekt von Studenten der Filmarche. Da es sich hier wieder um ein Low- bis No-Budget-Projekt handelt, assistiere ich währenddessen noch sehr gern. Wenn ich 8 Stunden assistiert habe, ist mein Kopf für inhaltliche Arbeit noch frei. Das ist anders, wenn ich tagsüber selbst noch Projekte schneide. Die Frage zwischen der eigenen Miete und den Projekten, die man unterstützen möchte, ist oft ein schwieriger Drahtseilakt. Einerseits muss ich natürlich meine Rechnungen bezahlen, andererseits werde ich vermutlich nie aufhören No- und Low-Budget Filme zu unterstützen. Auch abseits der gängigen Finanzierungs- und Vermarktungswege sollte Raum für Film sein und ich möchte immer Teil dessen sein.

Interview: Kyra Scheurer